Erstellt am: 20.03.2018
WAIBLINGEN – Der Vorsitzende in der Bezirksgruppe Rems-Murr des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Herr Dr. Michael Prochaska, hat die neue Bundesregierung aufgefordert, sich jetzt nicht damit zu begnügen, einfach nur den Koalitionsvertrag abzuarbeiten. „Der Vertrag hat leider eine eindeutige Schlagseite zu sozialpolitischer Umverteilung und Einschränkung betrieblicher Flexibilität“, sagte Prochaska am Montag in Waiblingen: „Wir erwarten aber, dass Kabinett und Abgeordnete im praktischen Regierungshandeln verstärkt auch auf wachstumsfördernde Maßnahmen und Reformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit setzen.“
Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen die heimische Industrie stehe, wie der demografische Wandel und die Digitalisierung, bräuchten die Unternehmen Rückenwind von der Politik – und keine zusätzlichen Belastungen. „Ohne ausreichenden Spielraum und genügend Beweglichkeit werden die Unternehmen diese Herausforderungen nicht meistern können“, sagte der Arbeitgebervertreter: „Die große Koalition sollte deshalb dringend noch einmal überdenken, ob sie der Wirtschaft wirklich mit den geplanten Einschränkungen bei den sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverhältnissen oder der ‚Arbeit auf Abruf‘ dringend benötigte Flexibilisierungsinstrumente aus der Hand schlagen will.“ Dem erklärten Ziel der Regierung, die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich zu reduzieren, werde man so sicherlich nicht näherkommen.
Prochaska erinnerte daran, dass Deutschland die großen Erfolge auf dem Arbeitsmarkt nicht zuletzt der Agenda 2010 des früheren sozialdemokratischen Bundeskanzlers Gerhard Schröders zu verdanken habe. Dieser habe dabei auf Deregulierung und Flexibilisierung gesetzt. „Die jetzige Groko kann nun die Früchte dieser Anstrengungen ernten“, sagte der Bezirksgruppen-Vorsitzende: „Doch anstatt sie sinnvoll zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandorts zu nutzen, werden die Erträge nun einfach verfrühstückt. Gleichzeitig werden die erfolgreichen Agenda-Reformen teilweise wieder rückabgewickelt. Damit sägen wir an dem Ast, auf dem wir selbst sitzen.“ Offenkundig hätten die langen Aufschwungjahre die Regierenden zu sorglos gemacht. „Aber kein Aufschwung dauert ewig“, warnte er: „Wenn die Koalitionäre nicht auf einen Kurs der Vernunft zurückkehren, und neben dem Verteilen auch an das Erwirtschaften denken, werden wir im nächsten Abschwung große Probleme bekommen.“
Anstatt die Agenda 2010 schleichend abzubauen müsse die neue Regierung jetzt vielmehr das Reformprogramm weiterentwickeln. "Was wir brauchen ist eine Agenda 2030, die unseren Standort für die kommenden Herausforderungen fit macht“, sagte Prochaska. Um neue Arbeitszeitmodelle im Rahmen der Digitalisierung der Wirtschaft zu ermöglichen, müsse beispielsweise dringend das Arbeitszeitrecht flexibilisiert werden. Modernen flexiblen Arbeitszeitmodellen würden heute etwa durch die tägliche Höchstarbeitsgrenze von acht beziehungsweise zehn Stunden zu enge Grenzen gesetzt. Dasselbe gelte für die gesetzliche elfstündige Ruhezeit zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn.
„Allen muss klar sein, dass wir ohne eine deutliche Steigerung unserer gesamtwirtschaftlichen Produktivität unseren Wohlstand und unsere üppig ausgestatteten Sozialsysteme nicht werden halten können“, erklärte Prochaska. Die Regierung müsse deshalb bei allen Maßnahmen stets die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und des Wirtschaftsstandorts im Blick haben.
Info: Der Arbeitgeberverband SÜDWESTMETALL ist einer der größten industriellen Arbeitgeberverbände Deutschlands. Er vertritt in Baden-Württemberg die arbeitsrechtlichen, tarif-, sozial- und bildungspolitischen Interessen von rund 1.000 Mitgliedsbetrieben der Metall- und Elektroindustrie mit fast 500.000 Beschäftigten. Die Bezirksgruppe Rems-Murr als eine von insgesamt 13 regionalen Vertretungen betreut mehr als 100 Mitgliedsbetriebe mit über 20.000 Beschäftigten im Rems-Murr-Kreis.
Michael Kempter
Geschäftsführer